Prof. Dr. Patrick Gödicke RiOLG, Frankfurt a.M./Karlsruhe

Dokumentation und DS-GVO - b) nach Herausgabe der Behandlungsunterlagen: verbleibender Datenauskunftstitel noch vollstreckbar?

Der Fall:

Auch in diesem Fall begehrte die Klägerin vollständige Datenauskunft gem. Art. 15 i.V.m. Art. 4 Nr. 1 und 6 DS-GVO über die bei der Beklagten zu 1.) über sie vorhandenen personenbezogenen Daten. Die Beklagte überließ der Klägerin daraufhin die Behandlungsdokumentation mit der Erklärung, dass diese vollständig sei.

 

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, die Beklagte zu verurteilen, ihr gem. Art. 15 i.V.m. Art. 4 Nr. 1 und 6 DS-GVO eine vollständige Datenauskunft zu erteilen, erklärte sie nachfolgend teilweise Erledigungen. Die Beklagte hat sich diesen Erledigungserklärungen teilweise angeschlossen, teilweise widersprochen.

 

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Gericht erachtete den Auskunftsanspruch für unzulässig, da es dem Klageantrag bereits ursprünglich an der erforderlichen Bestimmtheit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 Var. 3 ZPO fehle:

 

„Insofern korrespondiert der Antrag mit der vollstreckungsrechtlichen Bestimmtheit des Tenors des klagestattgebenden Urteils […]. Für die Handlungsvollstreckung ist erforderlich, dass der Schuldner erkennen kann, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat. Die Klärung der Reichweite der geschuldeten Handlungen darf nicht in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden. […] Die Verpflichtung zur Auskunft ist hinreichend konkret, wenn sie die Feststellung ermöglicht, welche Information mitzuteilen und welche nicht mitzuteilen ist. Abzustellen ist hierbei nicht allein auf Gläubiger und Schuldner des Titels, sondern auch auf das zuständige Vollstreckungsorgan. Dieses muss im Streitfall beurteilen können, ob die titulierte Verpflichtung erfüllt wurde“.

 

Diesen Anforderungen sei der Antrag bereits ursprünglich nicht gerecht geworden: „Demnach war die Datenauskunft darauf gerichtet, weitergehende Datenauskunft vollständig, jedoch ‚über die Behandlungsdokumentation Anl. 31 zum Schriftsatz vom 21.11.2019 hinaus‘, zu erteilen. Dieses vorgerichtliche Schreiben nebst Anlage 31 wurde nicht als Anlage zur Gerichtsakte gereicht. Unabhängig hiervon kann […] ein Verweis auf Aktenbestandteile nicht zur Bestimmtheit des Titels und damit des Antrages beitragen. Dies betrifft auch die Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO, für die die Kammer zwar gemäß §§ 888 Abs. 1, 802 ZPO ausschließlich zuständig ist. Da jedoch Gerichtsakten nach der Aufbewahrungsverordnung NRW nach 5 Jahren mit Ausnahme von Titeln vernichtet werden, kann eine Bezugnahme auf Akteninhalt weder im Titel noch im Antrag dem Bestimmtheitserfordernis genügen. Die Bestimmtheit eines Antrages kann nicht davon abhängen, ob damit zu rechnen ist, dass die Vollstreckung aus dem Titel innerhalb dieser Zeit vollständig abgeschlossen sein wird, da der Titel auch darüber hinaus noch der Vollstreckung dienen kann. Auch die personelle Besetzung der Kammer kann sich ändern.“

 

Auch die Erledigungserklärungen der Klägerin hätten nicht zur Bestimmtheit des Antrages verholfen: „Die Erklärungen […] sind zudem ebenfalls zu unbestimmt. Bei Erledigungserklärungen handelt es sich um Prozesshandlungen, die zwar gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht den Beschränkungen des § 263 ZPO unterliegen, gleichwohl jedoch, da sie den Streitgegenstand betreffen, den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 Var. 3 ZPO genügen müssen. […] Ein Großteil des Vortrages in den Schriftsätzen bezieht sich jedoch auf die prozessuale Situation und allgemeine Ausführungen. Zwar werden durchaus auch personenbezogene Daten beauskunftet, allerdings ist für die Kammer aus den pauschalen Erledigungserklärungen der Klägerin nicht zu erkennen, welche konkreten Ausführungen als Erfüllung des Anspruchs auf Auskunft über personenbezogene Daten angesehen werden. Dies ist jedoch erforderlich, um bereits der Erledigungserklärung als solcher zur hinreichenden Bestimmtheit zu verhelfen, da die einseitige Erledigungserklärung die Klage dahingehend teilweise ändert, dass die Feststellung begehrt wird, dass die Klage bis zu dem geltend gemachten Ereignis zulässig und begründet war und durch dieses Ereignis erledigt ist, also unzulässig oder unbegründet geworden ist“.

 

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13.07.2023

Informationen

LG Bonn
Urteil/Beschluss vom 29.08.2022
Aktenzeichen: 9 O 158/21

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